Mindset
Modewort oder Schlüssel zum Erfolg?
Immer häufiger liest und hört man den Begriff Mindset. Typischerweise geht es dabei darum, das richtige Mindset zu haben oder aufzubauen – egal ob es um ein Corporate-Mindset, Team-Mindset, Personal-Mindset, etc. geht.
Aber: Was genau ist ein Mindset? Warum ist es so wichtig, das richtige Mindset zu haben? Und vor allen Dingen: Wie kann ich das für mich richtige Mindset entwickeln?
Zu Beginn eine Definition:
Ein Mindset ist die gewohnheitsmäßige Denkweise, geistige Haltung und Mentalität eines Menschen, welche seine Interpretation und Reaktionsweise in verschiedenen Situationen bestimmen. Ein Mindset ist demnach ein besonderer Gesichtspunkt, durch den ein Mensch seine Realität erlebt.
Wie entwickelt sich das Mindset eines Menschen?
Unsere Einstellung zu bestimmten Themen, wie wir denken, fühlen und handeln, hängt von Erfahrungen, die wir gemacht haben. Dazu gehören natürlich positive, die uns in bestimmten Bereichen ermutigen und bestärken, und ebenso negative, die dazu führen können, dass wir uns einige Dinge nicht zutrauen. Aus unseren Erfahrungen entwickeln sich dann Überzeugungen und Glaubenssätze. Diese Überzeugungen, die wir von uns und der Welt haben sind die stärkste verhaltenssteuernde Kraft in unserem Leben.
Ein Mindset arbeitet also vor dem Hintergrund unserer Prägungen wie ein Filter, der bestimmt, wie wir unsere Umgebung, aber vor allem unsere eigenen Möglichkeiten wahrnehmen.
Warum ist es so wichtig, das „richtige“ Mindset zu haben?
Denn tatsächlich haben unsere inneren Einstellungen einen großen Effekt darauf, wie wir uns in unterschiedlichen Situation verhalten. Mit anderen Worten: Unser Denken bestimmt unser Verhalten und damit dann natürlich auch die jeweilige Wirkung, die wir erzielen.
Ein einfaches Beispiel: Ist mein Mindset durch Grundüberzeugungen wie „Was schiefgehen kann, wird sowieso schiefgehen“ oder „Letztlich fehlt immer irgendetwas für den echten Erfolg“ gekennzeichnet, dann wird mein Verhalten auch genau durch diese negativen Annahmen gesteuert werden. Der Effekt ist absehbar – und die Wirkung damit negativ.
Anders dargestellt: Wenn mein Verhalten ein Pfeil ist, dann ist mein Mindset der Bogen. Und je nachdem in welche Richtung ich den Bogen halte, so wird dann auch der Pfeil fliegen. Übersetzt heißt dies: Wenn ich mein eigenes Verhalten (den Pfeil) oder das meines Teams auf ein bestimmtes Ziel konzentrieren will, dann muss ich auch meinen Fokus darauf lenken und deshalb das Mindset (den Bogen) auf das gewünschte Ziel ausrichten.
Somit ist das „richtige“ Mindset also das Set an inneren Einstellungen, mit denen ich am ehesten eine gewünschte Wirkung erziele. Dies nennt sich wirkungsorientiertes Denken oder ein wirkungsorientiertes Mindset.
Growth Mindset: Scheitern ist der wichtigste Schritt zum Erfolg
Der eine gibt bei Schwierigkeiten sofort auf, der andere hat erst Spaß, wenn es was zu tüfteln gibt. Forscher fragen sich schon lange, ob Kindern diese Eigenschaften anerzogen oder angeboren sind. Und kommen zu erstaunlichen Ergebnissen
Ein Mädchen im Grundschulalter sitzt im Labor der Motivationsforscherin Carol Dweck an der Stanford Universität und soll Puzzles lösen. Dweck forscht seit über 15 Jahren zur Frage, was lernstarke von lernschwachen Kindern unterscheidet und möchte herausfinden, was Kinder motiviert, auch bei schwierigen Aufgaben durchzuhalten.
Dem Mädchen gehen die ersten Aufgaben leicht von der Hand und die Studienassistentin lobt sie: „Das hast du gut gemacht, du musst wirklich klug sein!“ Jetzt bekommt das Mädchen ein deutlich schwereres Puzzle und hat dieses Mal große Mühe. Im dritten Schritt lässt ihr die Assistentin die Wahl: „Möchtest du noch einmal ein schweres oder leichtes Puzzle machen?“ Das Mädchen entscheidet sich für das Puzzle, das deutlich einfacher ist.
Die Forscher sind verblüfft. Sie hatten erwartet, dass ein Kind nach einer Reihe von Erfolgserlebnissen neue Herausforderungen eher freudig annimmt und sich freiwillig ein schwereres Puzzle auswählt. Doch das Gegenteil ist der Fall – 90 % der für ihr Talent gelobten Kinder entscheiden sich später für eine leichtere Aufgabe, um nicht zu scheitern.
Egal, wie oft ein Kind Erfolg oder eine gute Note hatte: Viele schrecken schon nach einem einzigen Misserfolg vor anspruchsvolleren Aufgaben zurück. Nicht Erfolg macht stark gegen Schwierigkeiten, sondern das sogenannte „Arbeitsmodell“ im Kopf der Kinder. Glauben die Kinder, dass sie an Herausforderungen wachsen können, oder sehen sie Fehlschläge als Beweis dafür an, dass sie „einfach kein Talent“ haben?
Dabei reagieren Kinder auf sehr feine Nuancen in der Sprache der Erwachsenen. Als Carol Dweck eine zweite Gruppe Kinder anders loben ließ, bekam sie völlig andere Ergebnisse. Diesmal sagte die Assistentin: „Das hast du gut gemacht, du musst dir wirklich Mühe gegeben haben.“ Damit lobte sie die Anstrengung und weniger das Talent der Kinder, die sich dann deutlich öfter für das schwerere Puzzle entschieden.
Dweck bezeichnet die unterschiedlichen Arbeitsmodelle als „Fixed Mindset“, (statisches Selbstbild), und „Growth Mindset“ (dynamisches Selbstbild).
Menschen mit einem sogenannten „Fixed Mindset“ glauben, dass Mathe oder Deutsch nur kann, wer eben „Talent“ hat. Ihrer Ansicht nach sind Fähigkeiten angeboren und unveränderlich. Man kann Mathe – oder man kann es eben nicht. Menschen mit diesem „Fixed Mindset“ messen ihren Selbstwert daran, wie viele Talente sie haben und was ihnen leicht von der Hand geht. Dweck fasst zusammen: „Diese Menschen denken Dinge wie ‚besser keine Fehler machen, besser gut dastehen, was denken die anderen über mich?‘“ Fehlschläge verunsichern sie zutiefst, weil das Bild ihrer Persönlichkeit ins Wanken gerät: „Habe ich dieses Talent doch nicht?“ Da sie keine Strategie besitzen, an Herausforderungen zu wachsen, versuchen sie diese zu vermeiden.
Menschen mit einem „Growth Mindset“ hingegen gehen davon aus, dass sie sich immer weiterentwickeln und alles lernen können, wenn sie nur ausreichend viel Arbeit hineinstecken. Sie denken eher: „Hey, das ist eine tolle Gelegenheit, von diesem Fehler kann ich lernen. Ich fühle mich klug, wenn ich mich an etwas Schwierigem ausprobiere.“ Wenn etwas schief läuft, fragen sie sich, was sie nächstes Mal besser machen können. Menschen mit dieser inneren Überzeugung lieben Herausforderungen und sehen in Misserfolgen Schritte auf ihrem Weg zum Erfolg.
In guter Gesellschaft mit Edison und den Gebrüdern Wright
Die Geschichte scheint Dweck Recht zu geben: Wenn man genau hinschaut, haben sich viele große Erfinder, Denker und Wissenschaftler weniger durch ihre überragende Intelligenz als vielmehr durch dieses besondere Durchhaltevermögen hervorgetan.
Der Erfinder der Glühbirne, Thomas Alva Edison, soll 1000 Modelle gebaut haben, bis er endlich eine funktionstüchtige Glühbirne erfunden hatte. Der Legende nach bewertete er diese Versuchsreihe im Nachhinein so: „Die Glühbirne war keine Erfindung mit 1000 Fehlversuchen, sondern eine Erfindung, für die es 1000 Schritte gebraucht hat.“
Auch wer heute in ein Flugzeug steigt, verdankt dies zwei Menschen, die bereit waren, aus jedem Fehlschlag zu lernen. Die Gebrüder Orville und Wilbur Wright stürzten jahrelang mit selbst gebauten Flugmaschinen ab. Erst 1902 gelang es ihnen, einen Gleiter zu bauen, der einen Menschen tragen konnte und sich steuern ließ – und gingen damit in die Geschichte ein.
Das “Fixed Mindset” (statisch) und das „Growth Mindset“ (dynamisch)
Dwecks Studien zeigten, dass Kinder, deren Intelligenz gelobt wurde, sehr viel wahrscheinlicher ein starres Mindset entwickelten, während diejenigen, deren Anstrengungen gelobt worden waren, dazu tendierten, ein dynamisches Mindset zu entwickeln.
So lässt sich für Menschen mit einem starren Mindset sagen, dass sie…
- Herausforderungen vermeiden, wenn sie Niederlagen befürchten
- nicht gut mit diesen Niederlagen umgehen können
- versuchen, diese Niederlagen zu verbergen
- überzeugt davon sind, nur auf einem Gebiet begabt zu sein (zum Beispiel Mathegenie versus Sprachgenie)
- negative Glaubenssätze innerlich häufig wiederholen
Im Gegensatz dazu ist bei Menschen mit dynamischen Mindset zu beobachten, dass sie…
- wissbegierig und neugierig darauf sind, etwas Neues zu erlernen
- wissen, dass Anstrengungen dafür nötig sind, um etwas zu erreichen
- Fehler machen als Chance sehen, etwas daraus zu lernen
- ihre Schwächen kennen, aber daran arbeiten
- Herausforderungen lieben
- offen für neue Erfahrungen und Wege des Lernens sind
Persönlichkeiten mit einem Growth Mindset strengen sich also wesentlich häufiger an, trotz Niederlagen. Ihre Frustrationstoleranz ist offenbar deutlich höher. Menschen mit dieser Einstellung halten sich nicht unbedingt für hochbegabt, aber sie sind der Überzeugung, dass jeder besser werden kann, wenn er daran arbeitet.
Wie entwickelt man ein Growth Mindset?
Das Selbstbild von einem Menschen wirkt sich auf seinen Erfolg aus. Langfristig gesehen scheitern Menschen mit einem statischen Selbstbild. Menschen mit einem dynamischen Selbstbild sind dagegen erfolgreich.
Willst Du mehr Growth Mindset entwickeln, dann:
- Seien Sie offen für Neues.
Nehme. Sie neue Herausforderungen an und lernen Sie, mit Niederlagen umzugehen. Fehler zu machen gehört zum Leben dazu, Rückschläge ebenfalls. Sprichwörter wie Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen. drücken genau das aus: Wenn Sie etwas erreichen wollen, müssen Sie etwas dafür tun, aktiv werden. Dazu gehört nicht nur die Bereitschaft, Neues zu lernen, sondern auch neue Wege zu beschreiten; wenn etwas auf eine Art nicht funktioniert hat, kann es immer noch auf eine andere Art funktionieren.
- Haben Sie Geduld.
Viele neigen dazu, sich mit negativen Glaubenssätzen selbst zurückzuhalten, indem sie in Gedanken immer die alten Erfahrungen oder Zuschreibungen wiederholen: Ich kann das nicht. Ich bin zu ungeschickt/dumm… Setzen Sie einen Riegel davor. Noch können Sie vielleicht eine bestimmte Aufgabe nicht bewältigen. Das heißt aber nicht, dass das so bleibt – aber Sie müssen sich gewissermaßen selbst anfeuern. Einem Langstreckenläufer würde man ja auch nicht zurufen: Das wird nie was, die Strecke ist viel zu lang/schwierig! und so weiter. Die Aussichten, dass Sie etwas mit der richtigen Einstellung und Selbstliebe schaffen, ist wesentlich höher.
- Nehmen Sie die Herausforderung an.
Sollten Sie auf der Arbeit eine Aufgabe zugewiesen bekommen, die Ihnen schwierig erscheint und womit Sie nicht vertraut sind, versuchen Sie es dennoch. Auch wenn es mühevoll ist, werden Sie beim nächsten Mal damit besser zurechtkommen. Bemühen Sie sich, dann werden Sie auch Fortschritte erzielen.
- Bleiben Sie realistisch.
Werden Sie in Ihren Ansprüchen nicht zu perfektionistisch. Es gibt immer etwas zu verbessern. Aber Sie können sich am Pareto-Prinzip orientieren. Trainieren Sie Ihre Fähigkeiten und versuchen Sie, neue hinzuzulernen.
- Lernen Sie mit Rückschlägen umzugehen.
Wie eingangs erwähnt, gehören Niederlagen dazu. Zu einem anderen Zeitpunkt, mit einer anderen Methode, mit Anregungen von Kollegen können Aufgaben dennoch bewältigt werden. Nur weil etwas nicht auf Anhieb klappt, heißt es nicht, dass Sie versagt haben, Sie müssen vielleicht lediglich einen anderen Ansatz wählen. Sagen Sie sich, dass Sie es fast geschafft haben. Aber am allerwichtigsten:
- Feiern Sie Ihre Erfolge.
Nicht nur die großen, sondern auch die kleinen. Schritt für Schritt arbeiten Sie sich voran und das sollten Sie auch gebührend anerkennen.
Buchempfehlung:
Mindset: The New Psychology of Success (Englisch) Taschenbuch – 2007 von C. Dweck (Autorin)